Aus der Wetterau über Mannheim in die USA und jetzt in die Nationalmannschaft: Julian Napravnik machte seine Anfänge im Eishockey bei den Roten Teufeln Bad Nauheim. Schon im Alter von vier Jahren war er auf Schlittschuhen im Colonel-Knight-Stadion zu sehen. Dort hat ihn im Knaben- und Schülerbereich erst sein Vater Stefan trainiert und dann im Juniorenbereich Marcus Jehner, der heute Headcoach unserer U15 ist. Stefan führt heute in der U7 unsere jüngsten Talente ans Eishockey heran.

Bundestrainer Toni Söderholm hat das 24 Jahre alte Talent nun für die Phase I der Nationalmannschaft im Blick auf die Weltmeisterschaft nominiert. Darüber hatte schon die „Wetterauer Zeitung“ berichtet. Vom 13. bis 29. Mai findet die WM in Finnland statt.

Doch der Reihe nach: Julian, in der Wetterau geboren, verbringt die ersten Jahre seiner Eishockeykarriere bei den Roten Teufeln in Bad Nauheim. Im Alter von 15 Jahren wechselt er zu den Jungadlern nach Mannheim, wo er bald in der Deutschen Nachwuchsliga (DNL) spielt. Außerdem spielt er regelmäßig in der U16- oder U20-Nationalmannschaft, wo er auch dem heutigen Bundestrainer Toni Söderholm auffällt.

In Mannheim wird er für das amerikanische Eishockey entdeckt. Im Alter von 19 Jahren wechselt er im Jahr 2016 zunächst zu den Des Moines Buccaneers, die in der United States Hockey League (USHL) spielen, der Top-Liga im amerikanischen Juniorenbereich. Dort teilt er sich die Kabine unter anderem mit dem Deutschen Colin Ugbekile, der seit drei Jahren bei den Kölner Haien in der DEL aufläuft.

Zwei Jahre später, 2018, wird Julian in das Team der Minnesota State University (Mankato) aufgenommen, das in der NCAA spielt, der höchsten Liga für College-Mannschaften. Auch dort trifft er alte Teamkameraden: Marc Michaelis und Parker Tuomie, die er schon aus Mannheim kennt.

Die NCAA ist allerdings keine Schülerliga, sondern eine Profiliga, in der die Talente gesichtet werden, die es später in die Topligen NHL oder AHL schaffen können. Unter das Publikum der Eishockey-Spiele der NCAA mischen sich regelmäßig die Scouts der großen NHL-Teams, um neue Talente ausfindig zu machen. So haben an der Mankato schon Profis wie Jon Kalinski (Philadelphia Flyers), Zach Palmquist (Minnesota Wild), Grant Stevenson (2010-2011 Augsburger Panther) oder Steven Wagner, ehemaliger Verteidiger bei den Adlern Mannheim, studiert und gespielt.

Minnesota, nordwestlich von Chicago gelegen, ist der Eishockey-Staat schlechthin in den USA. „State of Hockey“, nennt sich Minnesota denn auch. An der Universität Mankato studiert Julian Sportmanagement und wird dieses Studium in wenigen Wochen mit dem Bachelor abschließen.

Doch nicht nur durch dicke Lehrbücher hat sich Julian gekämpft. Auch im harten College-Eishockey hat er sich bewährt und sich in den vier Jahren einen festen Platz in der Mannschaft erspielt. 18 Tore und 31 Torvorlagen hat er in 38 Spielen erzielt. Damit war er in der Hauptrunde der zweitbeste Scorer seiner Mannschaft.

Wenn Julian in wenigen Wochen die Universität verlässt, wird er seine Karriere im amerikanischen Eishockey fortsetzen. Mit ein bisschen Glück geht er schon bei dieser WM erstmals im deutschen Nationaltrikot aufs Eis. Eine Nummer hat er jedenfalls schon: die 51.

Mit einem Bachelor in der Tasche ist Julian auch für ein Berufsleben nach dem Eishockey gut vorbereitet. Und das ist mit Sicherheit das Wichtigste, was Jungs und Mädchen beachten sollten, wenn sie dem ehemaligen Teufel nacheifern wollen: Nicht nur im Sport, auch in der Schule und in der Ausbildung müssen sie Leistung zeigen.

Text: Christian Hiller von Gaertringen

Das Bild von Julian Napravnik aus dem Jahr 2011 im Trikot der Roten Teufel veröffentlichen wir mit freundlicher Genehmigung des Sportfotografen Andreas Chuc. https://chuc.de