Text: Holger Hess

„Eigentlich war mit dem KEV schon alles klar“, erzählt der Mann mit der Philadelphia-Flyers-Cap schmunzelnd. Im Sommer 1974 schien der sportliche Weg für Manfred Müller vorgezeichnet. Der Verteidiger des frisch gekürten Deutschen Meisters Berliner Schlittschuhclub stand nämlich vor einem Wechsel tief in den Westen, Zieladresse Krefeld. „Aber dann ging dort die Eismaschine kaputt und ich wurde für ein Wochenende nach Bad Nauheim ausgeliehen, um dem VfL im traditionellen Thurn-und-Taxis-Pokalwettbewerb auszuhelfen.“

Nach dem imponierenden 4:3 über Polens Nationalmannschaft und einem 7:5 gegen die favorisierten Schweden aus Malmö setzten die vom späteren Bundestrainer Ladislav Olejnik trainierten Mittelhessen alle Hebel in Bewegung, um den robusten Rechtsschützen in der Wetterau zu halten. Mit Erfolg. Aus dem gelernten Schriftsetzer, der auf dem zweiten Bildungsweg sein Abitur nachholte, wurde ein Bankkaufmann bei der Bad Nauheimer Volksbank – und somit ein langjähriger Roter Teufel. Unterbrochen nur von der Rückkehr 1979/80 an die Spree, wo er mit seinem acht Jahre jüngeren Bruder Franz-Xaver zusammenspielte, sowie nach dem VfL-Konkurs 1982 für eine Spielzeit im Trikot von Eintracht Frankfurt in der 2. Bundesliga.

Der gebürtige Füssener, der beim 16-fachen Deutschen Meister vom Kobelhang alle Nachwuchsmannschaften durchlief, erwarb sich im Laufe seiner Karriere den Spitznamen „Tiger“. Manfred Müller bezeichnet sich rückblickend als „klassischen Abräumer mit gutem ersten Pass.“ Oft hatte er den defensiven Part in der jeweiligen Parade-Verteidigungsreihe: In Berlin mit Seppo Lindström, in Bad Nauheim an der Seite von Wally Olds oder dem früheren NHL-Haudegen Claire Alexander.

Das Eishockey-ABC hat Manfred Müller im Trainerstab des EC Bad Nauheim an zahlreiche jugendliche Talente vermittelt, unter anderem an seinen 15-jährigen Enkel Lukas. Golf und Tennis sind die Hobbys des emsigen Privatiers, der am Donnerstag seinen 70. Geburtstag feiert. Sein Schlussappell: „Ich bin ein Verfechter, dass der eigene Nachwuchs verstärkt in die Erste Mannschaft gebracht werden muss. Das passiert in Deutschland viel zu selten.“

Holger Hess